Bereits zu Beginn des Hochwassers in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ließen uns die ständig ablaufenden, schrecklichen Bilder und Videos im Fernsehen und den sozialen Medien als PSNV-Kräfte hellhörig werden. Wir verfolgten aufmerksam das Geschehen, um uns auf eine mögliche Anforderung gut vorzubereiten.
Hier in Sachsen war ein Teil der Kräfte bereits zu den Hochwasserlagen 2002 und 2013 im Einsatz oder gar selbst betroffen.
Am Freitag, dem 16.07.2021 erhielten wir bereits eine erste Meldung über eine Anforderung von 100 PSNV-Kräften für das Schadensgebiet. Nach Rücksprache mit dem Staatsministerium des Inneren in Sachsen, erfolgte durch den Landesverband PSNV und einem Vertreter des DRKs eine Abfrage über die Teamleiter der Sächsischen Kriseninterventions- und Notfallseelsorge-Teams.
Innerhalb kürzester Zeit konnten so fast 60 Einsatzkräfte für das Wochenende einsatzbereit gemeldet werden.
In dem Zusammenhang merkten wir, wie wichtig die in den letzten Jahren intensivierte Vernetzung zwischen den PSNV-Teams in Sachsen ist.
Zu einer konkreten Anforderung für das Wochenende ist es nicht gekommen.
Am Sonntag erfolgte schließlich die weitere Anforderung von PSNV-Kräften aus Sachsen nach Rheinland-Pfalz. Wie am Freitag wurden innerhalb kürzester Zeit alle Teamleiter kontaktiert. Es galt innerhalb von 3h die Kräfteanzahl zu melden.
Wir sind unheimlich stolz, dass wir in dieser kurzen Zeit 45 PSNV-Kräfte verschiedener Teams aus ganz Sachsen melden konnten.
Nun galt es, die Anfahrt der Kräfte zu organisieren, Treffpunkte zu benennen, Fahrzeuge zu bekommen und weiteres im Vorfeld zu klären. Aufgrund der Kürze der Zeit stellte uns dies vor eine echte Herausforderung, da wir am Montag auch unsere Veranstaltung zur Verabschiedung der Sächsischen Rahmenempfehlungen für Großschadenslagen abhalten wollten.
Zum Verständnis muss gesagt werden, dass kaum eine PSNV-Kraft in Sachsen Erfahrungen mit Bundesland übergreifenden größeren Einsatzlagen hatte. Zudem gibt es keine vorhandenen Strukturen in diesem Bereich, auf die es möglich ist, zurückzugreifen. Auch die wenigsten Teams in Sachsen besitzen eigene Fahrzeuge. Zudem galt es auch noch, den Grundschutz in Sachsen sicherzustellen.
Schließlich haben wir es Dank des DRK Sachsen geschafft, dies alles zu organisieren. Auch hier zeigte es sich wieder, wie wichtig Vernetzung ist und dass man sich untereinander kennt.
Am Montag um 16:30 Uhr trafen sich an drei Treffpunkten in Sachsen die jeweiligen Mitglieder der Teams. Dies war in Chemnitz, Dresden und Leipzig.
Um 17 Uhr waren alle abfahrbereit. In Thüringen auf einen Rastplatz trafen sich schließlich alle 9 Fahrzeuge und es ging in Form einer Kolonne Richtung Bereitstellungsraum PSNV am Nürburgring in Rheinland-Pfalz.
In dem Zusammenhang geht ein großes Dankeschön an die DRK-Kreisverbände und die DRK-Wasserwacht, welche uns mit Fahrzeugen und 8 Unterstützungskräften zur Verfügung stand. Ohne euch wäre dieser Einsatz nicht möglich gewesen!
Um kurz nach 3:00 Uhr erreichten wir schließlich unseren Zielort. Nach einem kurzen Einblick in die Örtlichkeiten wurden die „Feldbetten“ bezogen, um noch ein paar Stunden Schlaf zu erhaschen. Für den Großteil der Kräfte war dies eine vollkommen neue Erfahrung.
Um 7:00 Uhr hieß es aufstehen, um 8:00 Uhr entsprechend einsatzbereit zu sein.
Beeindruckt waren wir von dem eigens für PSNV installierten Bereitstellungsraum, welcher mit fast 200 PSNV-Kräften aus ganz Deutschland gefüllt war. Hier wurden alle auflaufenden PSNV-Einsätze zentral mit Hilfe eines Einsatzleitwagens 3 koordiniert. Auch für uns waren dies völlig neue Dimensionen, auf die wir getroffen sind.
Nach einer kurzen Einweisung in die Lage und Struktur galt es, die Fahrzeuge entsprechend strukturiert zu besetzen. Insgesamt wurden 8 Fahrzeuge mit jeweils einem Gruppenführer durch uns besetzt. Die ersten Einsätze ließen nicht lange auf sich warten und so waren bereits kurz nach 12:00 Uhr am ersten Tag alle unsere Kräfte im Einsatz. 2 Führungskräfte unterstützen derweil die PSNV-Einsatzleitung vor Ort.
Die Eindrücke und Aufgaben, die wir durchgeführt haben, sind schwer in Worte zu fassen. Irgendwie war alles dabei. Betreuung von Menschen, die ihre Liebsten verloren hatten und dies zum Teil mit ansehen mussten, Überbringung von Todesnachrichten, Begleitung von Angehörigen bei Identifizierungen, die Betreung von Menschen, welche ihr Hab und Gut verloren hatten, freiwillige Helfer, welche Unglaubliches leisten und natürlich Einsatzkräfte nach verschiedenen belastenden Situationen, Einsätze in Notunterkünften.
Für uns war es ebenfalls eine Herausforderung, unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Es gab kaum Informationen, die Infrastruktur war zusammengebrochen. Von einem Großteil des Einsatzgebietes gingen zudem weiterhin Gefahren aus.
Am späten Abend, manche Kräfte hatten bereits über 12 Stunden Dienst an Betroffenen geleistet, sah man die Gedanken und Gefühle unseren Einsatzkräften an.
Der zweite Tag lief schließlich an. Zum Einen hatte man sich etwas an die Bedingungen angepasst und zum anderen wusste in etwa jeder, was einen erwarten könnte. Je mehr Zeit verging, desto strukturierter wurde die Organisation des Einsatzes.
Die Kräfte aus Krisenintervention & Notfallseelsorge sind in der Regel allein oder zu zweit in Einsätzen. In einer hierarchischen Struktur zu arbeiten, war für viele neu.
Am späten Abend war dann ein Großteil der Kräfte wieder am Bereitstellungsraum. Ein kleiner Teil musste aus beruflichen & privaten Gründen bereits am Abend die Heimreise antreten.
Am 3.Tag wurde schließlich entschieden, gemeinschaftlich die Heimreise anzutreten.
Zum Einen hätte es uns vor logistische Herausforderungen gestellt was die Transportkapazitäten betrifft, zum Anderen war ein Großteil der Kräfte bereits 48 Stunden im Einsatz und die Erfahrung zeigt, dass man in solchen Lagen zwar sehr gut funktioniert, allerdings nur schwer seine eigene Belastung einschätzen kann. Nach Rücksprache mit der Einsatzleitung vor Ort und dem ruhigen Gewissen, dass ausreichend Kräfte vorhanden sein würden und auch bereits weitere Kräfte aus anderen Bundesländern unterwegs seien, traten wir den Heimweg an. Donnerstagabend waren wir wieder in Sachsen.
Nun gilt es, die eigenen Gedanken und Emotionen zu ordnen. Etwas zur Ruhe zu kommen, wenn auch dies durch die Eindrücke der letzten Tage nicht immer einfach ist.
Viele Erfahrungen konnten wir machen, die wir sicher in Zukunft mitnehmen werden und an Verantwortliche auch hier in Sachsen herantragen werden.
Unsere Gedanken sind bei den unzähligen Betroffenen unterschiedlichster Art. Wir wünschen ihnen die nötige Kraft und Ausdauer. Für die meisten wird es leider ein monatelanger Kampf sein.
Unser Dank gilt den vielen Einsatzkräften vor Ort, der Einsatzleitung PSNV, welche uns so hervorragend und wertschätzend aufgenommen hat. Ihr leistet Großartiges und versucht in dem Chaos Struktur reinzubringen!
Zu guter Letzt sei allen PSNV-Kräften aus Sachsen gedankt. Es war historisch erstmalig, dass Kräfte aus so unterschiedlichen Organisationen wie DRK, JUH, Caritas, Diakonie, Rettungszweckverband und freie Vereine so eng zusammenarbeiten und sich organisieren, und das ausschließlich im Ehrenamt.
Auch Danke an die Kräfte, welche in Sachsen verblieben sind, um den Grundschutz entsprechend sicherzustellen.